Saturday, 18. June 2005



Et maintenant, c'est la canicule.


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Friday, 17. June 2005



PUBERTÄT UND TERROR



Die New York Times schreibt heute über ein 16-jähriges Mädchen aus Queens, das fast 7 Wochen lang vom F.B.I. festgehalten wurde, weil der Verdacht bestand, daß sie eine Selbstmordattentäterin werden könnte. Nach ihrer Freilassung wurde sie nach Bangladesh ausgewiesen. Nach ihren eigenen Angaben ist ihre religiöse Überzeugung ein Versuch, sich von ihrer Umwelt abzugrenzen:

From childhood, Tashnuba embraced religion with a kind of rebellion. By 10 she was praying five times a day - and reproaching her more secular father, a salesman of cheap watches. At 12, Tashnuba even explored Christianity. But at 14, she adopted a full Islamic veil.
Hat man es hier jetzt mit einer überzeugten Djihadistin zu tun, die wie eine Zeitbombe nur darauf wartet, volljährig zu werden, um dann sofort 757-Flugstunden zu nehmen, oder mit einem Mädchen, das einen etwas anderen Weg des pubertären Widerstands geht (wobei natürlich dahingestellt sei, ob der Weg zu befürworten ist oder nicht)?
A government psychiatrist concluded that she was neither suicidal nor homicidal, and recommended her release. But the agents, Tashnuba said, kept "trying to link me to the psychological state." They zeroed in on the single artificial rose in her bedroom (her little sister's); a psychology course (required by her correspondence program), and an essay she wrote about the Department of Homeland Security (assigned as a writing evaluation by her tutor).
Diese unheilvolle Komination von Terrorangst und Unbehagen gegenüber ambivalent-pubertärem Verhalten hat es auch schon in einem anderen Kontext gegeben: Wer die RAF-Ausstellung in den Berliner KunstWerken besucht hat, erinnert sich vielleicht an eine der beiden Videoinstallationen im Foyer. Harun Farocki hat dort einen Fernsehfilm aus den siebziger Jahren auf ca. 5 Minuten zusammengeschnitten und somit Holzschnittartig die Hauptelemente der Storyline herausgestellt: Ein Pärchen, der Junge ganz Rebell und politisierter Popmusikhörer, das Mädchen ganz die Tochter eines Hohen Tieres. Klar, der Junge ist Teil einer Terrorgruppe, die ausgerechnet den Vater des Mädchens entführen will, um die Revolution loszutreten, Schleyer-artig. Kurz vor der Eskalation kommt es zur Konfrontation des Vaters und des Lovers der Tochter in einem Park: Der Vater weiß, daß er entführt werden soll, macht eindeutige Anspielungen, der Junge gibt ebenso eindeutige Anspielungen zurück, daß er von dem Erfolg der Aktion überzeugt ist. Als dann die Terroristen mit ihren Jeanshosen und Hassmasken in den Garten der Villa eindringen, hockt auf den Balkons schon die Bundeswehr, schreit »Halt!«, und erschießt einen. Die Tochter kommt, noch ganz ahnungslos, aus dem Haus gelaufen, ein Soldat zieht dem Jungen die Maske vom Gesicht, und der Tränen gibt es viele. In der Schlußszene dürfen Vater und Kommissar noch einmal reaffirmieren, daß jetzt Schluß sei mit dem Terroristengelumpe. Und die Kleine ist endlich wieder bei Daddy, wo sie hingehört.

Angstbesetzt war: Terrorismus, Sexualität, politische Aufmüpfigkeit, und wird daher in einen Topf geworfen.

Angstbesetzt ist: Terrorismus, Verweigerung von Sexualität, religiöse Aufmüpfigkeit, und wird daher in einen Topf geworfen.

Angstbesetzt ist immer: Deviantes Verhalten. Und wird daher mit Terrorismus in einen Topf geworfen.


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Thursday, 16. June 2005



Frage mich, wann die Gemeinde der Massively-Multiplayer-Online-Roleplaying-usw.-User so groß geworden ist, daß es lukrativ wird, Spiele anzubieten, die über das übliche bunte Tralala und die Power-Fantasy-Charaktertypen hinausgehen und ästhetisch kohärente Welten schaffen, bei deren Beschreibung man dann Worte wie »Stil«, »Ton« oder »écriture« verwenden könnte.


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Ach ja, Bloomsday. Kann mich an letztes Jahr erinnern. Habe mich damals sehr unintellektuell gefühlt ob der Erkenntnis meiner Unwissenheit. Heute wieder: Ach ja, Bloomsday.


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Wednesday, 15. June 2005



Alors. Florence Aubenas, die Journalistin der Libération, die am 5. Januar 2005 im Irak entführt worden war, ist frei. Ihr Übersetzer und Führer, Hussein Hanoun, der mit ihr gefangen genommen worden war, kommt demnächst mit seiner Familie nach Paris. Aus diesem Anlaß hat Le Monde ein Porträt im Internet, das folgende Textpassage enthält:

Pendant quatre ans, il a combattu les Iraniens aux commandes de son Mirage F1. Ce qui lui a valu trois médailles, le grade de colonel, quelques cicatrices sur son crâne rasé et une réputation de bravoure parmi ses compagnons d'arme.
Täusche ich mich, oder wird da gerade jemand zum Helden erklärt, der eigentlich eine ziemlich ambivalente Figur sein könnte? Eigentlich ziemlich schwer, sich vorzustellen, daß Le Monde in einem anderen Zusammenhang fast nostalgisch von der Zeit berichten würde, als Frankreich noch den Irak militärisch unterstützte, und von einem Mann schwärmen würde, der »an den Kontrollen seiner Mirage F1« die Iraner bekämpft hat.


::: F-Reich

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Jedem Kommentar immer einen letzten, relativierenden Satz hinzufügen, aus Angst davor, beim Wort genommen zu werden. Es dadurch trotzdem nicht abwenden können.


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W.A.S.T.E.


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Monday, 13. June 2005



IN DER STRAFKOLONIE



von Kafka sollte mal dem Miyazaki in die Hand gedrückt werden, damit der einen Zeichentrickfilm draus macht. Der wäre als einziger in der Lage, den Grad der Seltsamkeit, der in der Vorlage steckt, ins Filmmedium zu transponieren.


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Heute endlich mal den Vogel gesehen, der in der Bibliothek im Centre Pompidou wohnt. Ihn bisher immer nur gehört und gedacht: Kommt es von draußen? Ist es ein Klingelton? Oder ist es gar ein supersmartes subliminales Kunstwerk?


::: F-Reich

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Möchte mir jemand ein Tool bauen, das alle Weblogupdates der Welt auf einmal visualisiert, in Echtzeit? Ich erhoffe mir nämlich ein rauschhaftes Gefühl vom Anblick des Weltgeschwätzes, wenn es wie ein überfüllter IRC-Chat den Bildschirm herunterrollt.


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